Deutsch-französischer Friedensplan für die Ukraine – Wie weit muss Poroschenko gehen?

Bei ihren Treffen mit Poroschenko und Putin suchen Merkel und Hollande verzweifelt nach einer Lösung für die Ostukraine. Doch was steht drin im deutsch-französischen Friedensplan? Vor allem Zumutungen für Kiew, vermutet ARD-Korrespondent Lielischkies.

Auf ihrer Friedensmission für die Ostukraine reisen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande heute nach Moskau. Dort treffen sie um 17.00 Uhr deutscher Zeit mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin zusammen. „Alle wollen den Frieden und gehen davon aus, dass Russland ihn auch will“, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert.

Gestern Abend hatten Merkel und Hollande in Kiew den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko getroffen. Eigentlich sollte es hinterher eine gemeinsame Erklärung geben – die jedoch wurde ohne Angabe von Gründen abgesagt. Poroschenko zeigte sich dennoch zuversichtlich: Das Treffen lasse „auf einen Waffenstillstand hoffen“, teilte sein Präsidialamt mit. Seibert sagte, die drei Politiker hätten „umfassend und konstruktiv“ beraten.

Immerhin, in Debalzewe sollen heute die Waffen ruhen

Ein positives Signal kam am Morgen aus der zuletzt besonders heftig umkämpften Stadt Debalzewe, die auf halber Höhe zwischen Donezk und Lugansk liegt. Dort einigten sich die Konfliktparteien auf einen zumindest mehrstündigen Waffenstillstand, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Während der Feuerpause sollten Zivilisten in Sicherheit gebracht werden, sagte der Polizeichef der Region Donezk, Wjatscheslaw Abroskin. Die prorussischen Rebellen vermeldeten über ihre Nachrichtenagentur, die Feuerpause solle von 9.00 bis 16.00 Uhr dauern. Debalzewe wird bislang von der ukrainischen Armee kontrolliert. Die Rebellen versuchen seit Tagen, die ukrainischen Truppen dort einzuschließen.

Im Raum stehen Kiews Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft …

Unklar ist bislang, was genau in dem deutsch-französischen Vorschlag steht, mit dem Merkel und Hollande den Ukraine-Konflikt lösen wollen. Nach Einschätzung des Moskauer ARD-Korrespondenten Udo Lielischkies verlangt der Vorschlag sowohl von Kiew als auch von Moskau Zugeständnisse – und soll zunächst einmal zu einem Waffenstillstand führen.

Im Raum stehe womöglich, dass die Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichte, sagt Lielischkies. Russlands Präsident Wladimir Putin fordere zudem die Anerkennung der derzeitigen Frontlinie, die nicht mehr mit der im September in Minsk vereinbarten Linie übereinstimmt. Kiew müsste damit Geländegewinne von mehreren hundert Quadratkilometern akzeptieren, die die pro-russischen Separatisten zwischenzeitlich gemacht haben.

Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, dass den Separatisten ein größeres Gebiet zugebilligt werden solle als bisher verabredet. Die Meldung wurde jedoch in Berlin dementiert.

… und eine Art „Transnistrien-Szenario“

Die russische Onlineplattform Gazeta.ru schrieb, möglicherweise werde für die Ostukraine ein „Transnistrien-Szenario“ in Erwägung gezogen. Transnistrien ist eine Region, die eigentlich zum ukrainischen Nachbarland Moldawien gehört, sich allerdings für autonom erklärt hatte und nun von Russland unterstützt wird.

Aus Sicht von ARD-Hörfunkkorrespondent Bernd Großheim wird die Lage Poroschenkos immer schwieriger: „Einerseits ist er abhängig vom Wohlwollen der EU, vor allem Deutschlands und Frankreichs. Die Vorschläge Merkels und Hollandes abzulehnen, wäre für das wirtschaftlich am Boden liegende Land fatal.“ Andererseits aber wären „die Tage seiner politischen Karriere wohl gezählt, wenn er in einen wie auch immer gearteten Deal mit den Separatisten einwilligt“.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die deutsch-französische Initiative als „letzte Chance“. Die Eskalation der vergangenen Tage habe erneut zu einer brandgefährlichen Situation geführt. Es müsse verhindert werden, dass die Lage „völlig außer Kontrolle gerät und diplomatische Bemühungen nicht mehr helfen können“.

Quelle: Tagesschau