Die „vergessene“ Transferklausel: Schuldenschnitt für Griechenland wie für die BRD nach dem 2. Weltkrieg? (1)

Im Zuge um die aktuelle Diskussion und Verhandlungen eines 3. Hilfspakets für Griechenland, wird öffentlich immer wieder ein Argument angeführt: Griechenland bräuchte einen Schuldenschnitt.

Falsche Begründung für einen griechischen Schuldenschnitt

Dies ist faktisch sicher nicht falsch.

Die Begründung die zumeist angeführt wird, aber schon.

So wird ins Feld geführt, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein Großteil der Schulden erlassen wurde.

Heute möchte ich dieses Argument „entmystifizieren“.

Fakten zum Schuldenschnitt der BRD

Hier noch einmal der „Mythos“, der durch sämtliche medialen Diskussionen geistert:

Nach dem verheerenden Krieg soll eine wohlwollende internationale Gläubigergemeinschaft der jungen Bundesrepublik die Auslandsschulden erlassen haben. Umso – quasi ohne diese Belastungen – neu durchstarten zu können.

All diesen Gläubigern voran die Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Londoner Schuldenkonferenz

1952 und 1953 wurde auf der so genannten „Londoner Schuldenkonferenz“ tatsächlich über die deutschen Vorkriegsschulden verhandelt.

Ebenso aber auch über die Rückzahlung des von den USA initiierten und gewährten Kapitals des weithin bekannten Marshallplanes.

Die Vorkriegsschulden waren staatliche Schulden.

Sie gingen teilweise auf die massiven Reparationsforderungen nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Andere wiederum waren privatwirtschaftliche Schulden.

Auslandsschulden der jungen BRD

Als erstes wurde in London der „Barwert“ dieser Schulden festgestellt.

So kam man zum Schluss, dass sie rund 30 Milliarden D-Mark betragen.

Zusammengesetzt aus 13,5 Milliarden Vorkriegsschulden. Und 16,2 Milliarden Nachkriegsschulden.

Der großzügige Schuldenschnitt

Ein Schuldenschnitt gab es dann tatsächlich. Nämlich in Höhe von 50 %.

So verblieben also noch rund 14 Milliarden D-Mark an Auslandsschulen.

Das war wirklich ein großes Entgegenkommen der internationalen Gläubiger.

Die so bezifferten Auslandsschulden wurden von der BRD bereits 1958 getilgt.

Nur die „halbe“ Wahrheit

Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Insgesamt hat die BRD 100 Milliarden D-Mark in Abwicklung des Londoner Schuldenabkommens und anderer Verträge bezahlt.

Das teilte die Bundesregierung bereits 1991mit, wie die FAZ berichtet.

Kein Schuldenschnitt im herkömmlichen Sinne

100 Milliarden D-Mark an geleisteten Zahlungen sind somit natürlich alles andere als ein großzügiger Schuldenerlass der internationalen Gläubiger.

Und gleich gar kein Schuldenschnitt im herkömmlichen Sinne.

USA will „friedlichen Neubeginn“ in Europa

Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, warum die Gläubiger damals überhaupt einem Schuldenschnitt zugestimmt haben?

Ich sage es Ihnen: Vor allem der USA lag viel daran, dass es in Europa einen friedlichen Neubeginn gibt.

Die Welt stand vor dem „Kalten Krieg“

Vergessen Sie auch nicht, dass die Welt in jener Zeit direkt vor einem Kalten Krieg mit der Sowjetunion stand.

Die Amerikaner konnten also alles andere als eine desolate BRD im Herzen Europas gebrauchen.

Sozusagen vor den Toren des Erzfeindes.

Und somit vor ihrer unmittelbaren Einflusssphäre.

 

Quelle: Guido Grandt