Anlagenotstand durch niedrige Zinsen: Das müssen Sie wissen

Das Wort vom Anlagenotstand macht die Runde. Zinsen gibt es kaum noch auf Sparanlagen. Die Sparer gehen aktuell fast leer aus. Doch die Staaten können sich günstig finanzieren.

Um diese paradoxe Situation wirklich zu verstehen, sollten Sie sich um die Hintergründe des Zinsrückgangs kümmern. Dazu ist es erst einmal notwendig, sich die langfristige Entwicklung anzusehen.

Sieht man sich die Umlaufrendite für festverzinsliche Wertpapiere – ein Maßstab für die Zinsentwicklung im Finanzmarkt – in Deutschland im Vergleich zur Inflationsrate an, dann wird deutlich, dass diese schon seit Mitte der 80er Jahre tendenziell nach unten geht.

Nach dem Zinshoch Anfang der 80er Jahre änderte nur die Deutsche Einheit Anfang der 90er Jahre und die durch den größeren Kreditbedarf für den Aufbau der Neuen Bundesländer höheren Zinsen nochmals kurzfristig etwas an der Tendenz zu niedrigeren Zinsen.

Ohne den Einheitsboom wäre der Verfall der Rendite schon viel früher gekommen – der Ausnahmeeffekt Deutsche Einheit hat also nochmals einen Zeitaufschub von einigen Jahren gebracht.

Regelrecht dramatisch ging es dann nach der Finanzkrise 2008 mit den Zinsen abwärts: Konnte noch Anfang 2014 eine Umlaufrendite von um 1,5 Prozent erzielt werden, waren es Ende 2014 nur noch etwa 0,6 Prozent. Vor wenigen Tagen sackte die Umlaufrendite sogar auf ein Rekordtief von nur noch 0,05%.

2009 waren es sogar noch 3 und Anfang der 90er Jahre ganze 9 Prozent Rendite, was für Anleihen damals gezahlt wurde. An diesen Zahlen sehen Sie den drastischen Verfall des Zinsniveaus auf dem Anleihen- und Geldmarkt.

Niedrige Zinsen sorgen für niedrige Inflation

Was auch deutlich wird, ist die Parallelität des Zinsniveaus zur Inflation: Je größer die Inflation, umso größer auch das Zinsniveau und umgekehrt. Wurde beispielsweise Mitte der 70er Jahre noch Inflationsraten von bis zu 7 Prozent erreicht, kletterte im gleichen Zeitraum auch der Zins auf ein Hoch von fast 11 Prozent.

Das gleiche nochmals Anfang der 80er Jahre, als die Inflationsrate auf bis zu 6 Prozent und der Zins nochmals auf fast 11 Prozent stieg. Seither geht es jedoch sowohl mit der Teuerungsrate, als auch mit dem Zinsniveau schnurstracks nach unten.

Deutlich können Sie daran erkennen, dass der Zins direkt von der Inflationsrate abhängt: Steigt die Preissteigerungsrate, dann wird diese Teuerung direkt in den Zins eingepreist.

Die Banken oder Anleihegläubiger schützen sich damit vor einem Wertverlust des Geldes. Anderenfalls würden sie bei Laufzeitende weniger Kaufkraft für den zurückgezahlten Kredit oder die aufgezahlte Anleihen bekommen, als sie ursprünglich ausgeliehen hatten.

Daher ist aktuell auch eher eine Deflation eine Gefahr für Ihr Geld, als eine in den Medien immer wieder propagierte Inflation.

 

Quelle: Günter Hannich